- 24h Nürburgring-Debütant mit beeindruckendem Manöver bei Tempo 210
- Video aus der Fahrerperspektive zeigt die blitzschnelle Reaktion am Lenkrad
- Jusuf Owega: „Da ist mir das Herz schon ziemlich in die Hose gerutscht.“
Am vergangenen Wochenende absolvierte Mercedes-AMG Junior-Fahrer Jusuf Owega (GER) sein Debüt beim ADAC RAVENOL 24h Nürburgring. In der zweiten Runde seines ersten Stints erlebte der 22-Jährige die Herausforderungen der als Grüne Hölle bekannten Nordschleife hautnah. In der sogenannten Mutkurve kam sein Mercedes-AMG GT3 mit der Startnummer 3 vom Mercedes-AMG Team BILSTEIN ins Übersteuern und in diesem Zuge mit dem rechten Hinterreifen bei 210 km/h sogar ins Gras. Mit einer außergewöhnlichen Reaktion konnte Owega das Fahrzeug auf der Strecke halten. Was im TV-Bild in diesem Moment nicht zu sehen war, ging inzwischen viral: Die Video-Aufnahme von Owegas Manöver wurde in den sozialen Medien bereits mehrere Millionen Male aufgerufen. Seine eigene Onboard-Aufnahme zeigt aus der Fahrerperspektive die blitzschnelle Reaktion Owegas. Der Kölner spricht über sein Debüt, die instinktive Reaktion eines Rennfahrers und die mediale Aufmerksamkeit.
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Jusuf, bei deinem Debüt ist direkt etwas Besonderes passiert. 22. Runde, dein erster Stint im Rennen, deine zweite Rennrunde. Was ist da passiert?
Jusuf Owega: „Ich hatte zu Beginn meines Stints ausreichend Abstand auf das GT3-Fahrzeug hinter mir. Wegen einer Code-60-Phase in der Fuchsröhre habe ich aber leider viel Zeit verloren, wodurch die Konkurrenz aufschließen konnte. In der Mutkurve war das Fahrzeug schon direkt hinter mir. Als ich im Scheitelpunkt war, habe ich gemerkt, wie die Hinterachse anfing zu rutschen. Das ist ein ziemlich komisches Gefühl an so einer Stelle auf der Nordschleife. Ich hatte auf dieser Strecke noch nie einen Unfall. Und dann passiert sowas ausgerechnet beim 24-Stunden-Rennen. Ich habe einfach instinktiv gegengelenkt und ganz minimal mit der Bremse gespielt, um die Geschwindigkeit gefühlvoll zu reduzieren. Damit habe ich das Auto tatsächlich wieder gerade bekommen. Für den Moment konnte ich erstmal durchatmen und mich wieder auf das Renngeschehen konzentrieren. Das andere Fahrzeug konnte ich zum Glück hinter mir halten.“
Klassisches Übersteuern also. Wie kommt Übersteuern bei einem GT-Fahrzeug zu Stande und wie reagiert man als Fahrer?
Jusuf Owega: „Übersteuern kann mehrere Gründe haben. In der Regel liegt es aber an der Abstimmung des Fahrzeugs. Das Setup wird danach ausgewählt, ob die Fahrer besser mit einem unter- oder einem übersteuernden Fahrzeug zurechtkommen. Aber auch wenn die Fahrbahn nass ist, kann das natürlich passieren. Wenn das Fahrzeug plötzlich so reagiert, musst du als Fahrer natürlich gegenlenken – und das mit dem richtigen Maß, damit sich das Auto nicht zu weit in die Gegenrichtung bewegt. Es ist also viel Gefühl in kürzester Zeit gefragt.“
Was geht einem bei einer Szene wie dieser auf der Nordschleife durch den Kopf? Hat man überhaupt Zeit zum Nachdenken oder passiert alles instinktiv?
Jusuf Owega: „Es gab einen kurzen Moment, in dem ich dachte: ‚Das kann ja jetzt nicht wahr sein, dass ich das Rennen so früh für uns beende‘. Das wollte ich einfach nicht zulassen. Man spürt es als Erstes im Allerwertesten, wie das Auto ausbricht. Da ist mir dann das Herz schon ziemlich in die Hose gerutscht. Danach ging alles sehr schnell und instinktiv glücklicherweise gut.“
Bewertest du das Video anders als die Situation selbst?
Jusuf Owega: „Wenn ich mir das Video im Nachhinein ansehe, muss ich feststellen, dass die Aktion wirklich spektakulär aussah. Ich habe im Auto gar nicht wahrgenommen, wie nah ich mit dem Heck an der Leitplanke war. In diesem Moment war ich nur damit beschäftigt, das Auto abzufangen. Dass es so knapp war, habe ich auch erst später in der Onboard-Aufnahme gesehen und beim Auswerten der Daten. Die haben dann gezeigt, dass ich das Heck bei 210 km/h verloren, und das Lenkrad um 100 Grad in die entgegensetzte Richtung bewegt habe. Das zweite Gegenlenken fand bei 180 km/h und sogar mit 200 Grad Lenkradeinschlag statt. Wenn ich die Leitplanke berührt hätte, wäre es vermutlich ein recht heftiger Einschlag geworden.“
Das Video deines Manövers hat inzwischen mehrere Millionen Aufrufe. Wie sehr überrascht dich das große Interesse?
Jusuf Owega: „Das hat mich schon gewundert, weil es auch im Fernsehen gar nicht zu sehen war. Ich habe am Funk durchgegeben, dass ich den Quersteher hatte und gefragt, ob das Team die Situation gesehen hat. Hatten sie aber nicht. Ich habe später meinem Ingenieur die Onboard gezeigt, damit war die Sache eigentlich für mich erledigt. Ich dachte auch nicht, dass es sonst irgendjemand wahrgenommen hat, aber da habe ich mich offensichtlich getäuscht. Das Interesse überrascht mich also schon, aber das liegt wohl auch daran, dass sich das in der Mutkurve abgespielt hat und das Auto hinter mir die Aktion wunderbar eingefangen hat. Das Manöver war schon spektakulär, aber der Winkel lässt alles noch spektakulärer erscheinen. Das hat sicher auch dazu beigetragen, dass das Netz die Aktion so feiert.“
Welche Reaktionen gab es auf Social Media?
Jusuf Owega: „Auf Social Media gab es im Anschluss die typischen Kommentare. Ich bin einfach dankbar und glücklich, dass es so positiv aufgenommen wird. Es haben sich auch einige Leute bei mir gemeldet und gefragt, wie ich das denn hinbekommen hätte. Dass das Video letzten Endes so viele Menschen anklicken würden, konnte man aber nicht kommen sehen.“
Verändert dieser zweite Stint in deinem ersten 24-Stunden-Rennen am Nürburgring irgendetwas an deiner Herangehensweise für zukünftige Rennen?
Jusuf Owega: „An meiner zukünftigen Herangehensweise ändert das nichts. Jeder Rennfahrer hat solche kritischen Momente, die sehr schnell zum Desaster werden können, wenn man nicht auch das nötige Glück hat. Solche Situationen sind ganz normal und gehören zum Motorsport dazu. Wenn man sich davon zu sehr beeinflussen lassen würde, wäre das nicht gut.“